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ThesenpapierANTIRASSISMUS 2001Kritischer Rückblick auf 10 Jahre antirassistischer Bewegung, über die Grundzüge eines neues Migrationsregimes und Fragen an die Zukunft
In
ganz Europa bahnt sich ein Wandel in der Migrationspolitik an, die
restriktive Asylpraxis wird ergänzt um neue Konzepte der
Arbeitsmigration. Nach rund 30 Jahren offiziellen Anwerbestops
ëDas-Boot-ist-voll-Ideologieí und ausländerfeindlicher
Hetze drängen insbesondere Industrie und Handel auf die
Öffnung Europas für den globalen Arbeitsmarkt. In
atemberaubendem Tempo wird Politik umgedreht, die Bundesregierung
entdeckt den nützlichen Ausländer und setzt sich zugleich an
die Spitze antifaschistischer Rhetorik. Gleichzeitig muß sich die
antirassistische und Flüchtlingsunterstützungsbewegung
eingestehen, viele Ziele nicht erreicht, vielfach auf Granit gebissen
zu haben und oft gescheitert zu sein. Die in die Karawane gesetzten
Hoffnungen haben sich nur ansatzweise erfüllt, eine weitergehende
Selbstorganisation von Flüchtlingen blieb aus. I. Ein Rückblick auf 10 Jahre Flüchtlingsunterstützungsbewegung Nach
10-jähriger politischer Arbeit und angesichts der aktuellen
Umbrüche wäre es fahrlässig, einer Bestandsaufnahme aus
dem Weg zu gehen und sich der Diskussion neuer Perspektiven zu
verstellen. Das Antirassismus-Büro Bremen (ARAB) hatte von Beginn
an einen antiimperialistischen und sozialrevolutionären Ansatz;
die Bezugnahme auf Flucht und Migration, der zunächst erfolgreiche
massenhafte Ansturm auf den metropolitanen Wohlstand waren uns ein
Signal, den vorherrschenden Antiimperialimus der Soli-Bewegungen mit
der sozialen Präsenz der tikontinentalen Massenarmut in der
Metropole selbst zu konfrontieren. Die soziale Frage im
Weltmaßstab hier neu zu thematisieren, auch darum ging es uns.
Wir waren Anfang der 90er Jahre nicht nur betroffen von Naziterror und
Asylrechtsverschärfungen, sondern hatten zudem einen strategischen
Blick auf die Weltmigrationsbewegungen. Dennoch: Die Karawane wurde 1998 aus einer Krise heraus geboren, nach den Bewegungsjahren 1990 bis 1995, die motiviert waren durch Widerstand gegen Asylunrecht und Naziterror gleichermaßen, ging die Fähigkeit, breiten Widerstand zu mobilisieren allmählich verloren. Allzu häufig mußten wir tatenlos zusehen, wie die Abschiebemaschinerie lief und lief und lief. Die Karawane wollte gegensteuern, die vielen lokalen Initiativen bündeln und zum Fokus einer neuen Bewegung werden. In Bremen, von wo die Initiative ausging, hatten wir damals die Vision, daß uns die lokalen multinational zusammengesetzten Flüchtlingslagerkomittees als Vorbild für die Karawane dienen könnten ? wir propagieren sie als Modell für die bundesweite Organisierung. Unsere Ansprüche sind jedoch nur zu einem Teil aufgegangen. 1.) Jener Strömung, die ein Bündnis der politischen Organisationen schmieden wollte, ist dies nicht gelungen, einige Gruppen sind frühzeitig aus dem Projekt ausgestiegen, andere fiel den politischen Kontroversen insbesondere um die Frage des Verhältnisses zur PKK zum Opfer, wieder andere unterstützten die Karawane nur ideell, mobilisierten aber kaum mal ihre Basis, zuguterletzt sah man sie gar nicht mehr. Einige Gruppen konzentrierten sich bald wieder auf Fragen der nationalen Politik und verabschiedeten sich aus dem gemeinsamen Bündnis. Geblieben ist einzig eine multinationale Organisation von afrikanischen Flüchtlingen in Deutschland. 2.) Es ist ebenso wenig gelungen, innerhalb der Flüchtlinge an Boden zugewinnen. Es gibt immer wieder Proteste - Flüchtlinge tragen oder beteiligen sich an Aktionen, aber dies geschieht nicht massenhaft. Die Gründe sind vielfältig und reichen von der heterogen Zusammensetzung einerseits bis zu einem effektiven Grenzregime, dem einschüchternden Erfolg der Abschiebemaschine und dem repressiven Charakter der Residenzpflicht andererseits. 3.) Die "Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten" hat kaum je auch nur versucht, ihr zweites programmatisches Standbein zu entfalten. Bis auf die Kooperation mit einigen MigrantInnenorganisationen im Rahmen der Kölner Karawanetage ist da kaum etwas zu berichten. Die Konzentration auf die politischen Fluchtgründe, die vereinfachte Sicht auf Migration hat eine Bezugnahme auf MigrantInnencommunities, die hier sind, um hier zu bleiben, verstellt. Eine Auseinandersetzung mit Rassismus blieb weitgehend auf die Asylpolitik beschränkt. Die schmale Basis der tragenden Aktivistinnen mag eine wesentliche Ursache sein, erklärt aber nicht alles. 4.) Unsere Beschränkung auf Flüchtlings- und Asylpolitik ist niemals der Tatsache gerecht geworden, daß viele Menschen nur deshalb auf das Asylrecht zurückgriffen, weil dies die einzige juristische Lücke im Geflecht der migrationsfeindlichen Gesetze war. Migrationsgründe sind viel zu vielfältig und zahlreich, als daß sie in die enge Formel der politischen Verfolgung gepresst werden können. Wir sind den sozialen Motiven konzeptionell nicht vollends gerecht geworden, und auch das war unserer Mobilisierungsfähigkeit abträglich. [Mobilisierung auf dem sozialen Terrain setzt ein Mindestmaß an Bewegung/Selbstorganisation der Betroffenen voraus.] 5.a.) Eine soziale Ausweitung, Bündnisarbeit mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, MigrantInnen, MigrantInnenjugendlichen, mit den Ausgegrenzten des Sozialrassismus haben wir auf dem Papier formuliert, sind sie aber nicht angegangen. Konfliktinhalte, die Grundlage für Ausweitung und Bündnisse hätten sein können, nämlich soziale und Arbeitseinkommen und/oder Polizeischikanen, haben bislang keine Zugkraft. 5.b.) Auch die Bündenisarbeit innerhalb der deutschen Linken kam nicht recht voran. Nach den Massenmobilisierungen anläßlich der Pogrome in den frühen 90ern ebbte die Bewegung wieder ab, anderes wurde wichtiger, AntiRa and AntiFa arbeiteten wieder getrennt. Es mangelte aber auch an Diskussionsgrundlagen, die die gemeinsame Schnittmenge herausgestellt hätte. 6.) Einzelne Kampagnen haben wir gewonnen, aber damit gelingt es nur, dem Rassismus hier und da ein Opfer zu entreißen, kaum aber an den Strukturen zu rütteln. Die Massenabschiebung von Roma, von BosnierInnen, KosovarInnen konnten wir nicht verhindern, ebensowenig einen Abschiebestopp in die Türkei oder nach Nigeria durchsetzen, an der Zahl von jährlich rund 50.000 Abschiebungen kratzen unsere Aktivitäten kaum. 7.) Obwohl die großen Ziele unerreicht blieben, war die Bewegung erfolgreich. Kaum eine Maßnahme, ob Gesetze, Lager oder Abschiebungen blieb unwidersprochen. Die Proteste haben Sand ins Getriebe der Abschiebemaschinerie gestreut, sie verlangsamt und Modifizierungen erzwungen. Auf keinem anderen gesellschaftlichem Feld, haben Menschen so kontinuierlich gegen ihre Bedingungen gekämpft, wie dies Flüchtlinge taten, Hungerstreik reiht sich an Hungerstreik, Demo and Demo, Mahnwache an Mahnwache. Was die Karawane geschafft hat, ist der Aufbau eines funktionsfähigen bundes- und europaweiten Netzes von Gruppen und AktivistInnen. Es gibt heute in vielen Städten aktive Karawane-Gruppen. Im Widerstand wurden hohe politische Standards entwickelt; es gibt ein enormes Wissen um das know-how von Kampagnen, Initiativen und Protesten. No Border und antirassistische Grenzcamps lassen den Schimmer internationaler Vernetzung erkennen. Reihenweise wurden Faxkampagnen, Kirchenasyl oder individuelle Kampagnen gewonnen. Vor allem aber hat diese Bewegung vielen Menschen Hoffnung gegeben. Kurz gesagt, der Aufbau eines politischen Bündnisses ist nicht gelungen, die soziale Verbreiterung und Massifizierung des Flüchtlingswiderstandes ebenfalls nicht, die soziale Ausweitung in andere soziale Gruppen ist ausgeblieben, große politische Erfolge konnten wir nicht erringen. Dennoch haben die Kampagnen der Entstehung von gegengesellschaftlicher Moral Vorschub geleistet, einer Moral, in der beispielsweise die massenhafte Unterstützung von Papierlosen fusst. II.
Modernisierung des Migrationsregimes 1.) Zunächst müssen wir festhalten, daß sich die Weltmigrationsprozesse letztlich, trotz aller Restriktionen durchgesetzt haben. Die Flüchtlinge und Migranten sind hier, sie sind in großer Zahl in die Industriestaaten, nach Europa und in die USA gelangt. Der Abwehrkampf hat vielerlei Unrecht erzeugt, er kostet täglich Menschenleben und viele Scheitern an den Grenzen zum Wohlstand. Aber die 5.5 Millionen Illegalen in den USA und die rund 5 - 8 Millionen Papierlosen in Europa sind nun einmal hier, sie haben ihren Willen durchgesetzt. Was die Regierenden geschafft haben, ist ihnen alle Rechte abzusprechen, sie von Sozialleistungen auszuschließen und weite Teile der Bevölkerung gegen sie zu mobilisieren. Doch die Weltmigrationsbewegung als solche ist nicht vollständig aufzuhalten. 2.) Papierlose haben zahllose namenlose Unterstützer. Hinter jeder/m Papierlosen stehen Freundinnen und Freunde, Bekannte, Verwandte, Communities, humanitäre oder politische Netzwerke, Arbeitgeber, Wohnungsgeber. Das Verhältnis reicht von Solidarität bis zu Ausbeutung, dennoch, die Mitwisser sind Millionen. Diese sozialen Bewegungsformen haben Tatsachen geschaffen, stehen für die eigentliche soziale Dimensionen, unsere politischen Aktionen nehmen sich dagegen bescheiden aus, vermögen die eigentliche soziale Dimension bloß zu begleiten und zu verstärken. 3.) Für den Kapitalismus, insbesondere dessen Innovationszyklen ist die Kombination aus Vertreibung, Vernichtung und Migration konstitutiv. Enteignungen, Pogrome und Vertreibung sind wesentlich für Anfänge des Kapitalismus in England, die Industrialisierung des Ruhrgebiets oder die Entwicklung der USA gewesen. 4.) Die Industrienationen sehen sich heute erklärtermaßen vor drei bedeutenden Problemen: Erstens dem Geburtenrückgang, effektiv eine Reproduktionsverweigerung und damit einer Bevölkerungsstruktur, in der die Zahl der produktiven Bevölkerung abnimmt zugunsten der unproduktiven Teile. Zweitens einer Arbeitskräfteverknappung aber auch einer Arbeitsverweigerung in diversen Sektoren. In der Landwirtschaft ist es bekanntermaßen schwer, Leute für die niedrigentlohnte Knochenarbeit zu bekommen, im IT-Sektor ist ein Wettbewerb um Fachkräfte entbrannt. Und drittens werden da noch die Defizite in den Ausbildungssystemen genannt, die den Fachkräftemangel begründen. Nicht zufällig sind es Demographen, Rentenexperten und Arbeitnehmerverbände, die auf Einwanderung drängen. Die Pro-Zuwanderungslobby im Lager der Herrschenden ist ja nicht neu, Geißler und Miegel beispielsweise haben immer schon angemahnt, aus rationalen Erwägungen über den ideologischen Schatten zu springen. 5.)
Vor diesem Hintergrund verkündete EU-Präsident Chevenement im
Juli, gefolgt von den nationalen Regierungen in Deutschland, England
und Italien einen Kurswechsel in der Migrationspolitik. Nicht zuletzt
auf Druck der Arbeitnehmerverbände werden
Zuwanderungsbeschränkungen für Arbeitnehmer/innen
zurückgenommen. Zum einen ist auf dem Weltarbeitsmarkt ein
Konkurrenzkampf um bestimmte Berufsgruppen entbrannt, Stichwort IT
Sektor, zum anderen soll der nationale Arbeitsmarkt dem globalen
Wettbewerb geöffnet werden. Innerhalb der EU gilt dies als
wirksamste Waffe gegen das europäische Lohn- und Preisniveau,
sprich, die Öffnung für den Wettbewerb ist vor allem ein
Angriff auf das europäische Masseneinkommen und die in den Augen
kapitalistischer Wirtschaftswissenschaftler zurückgebliebene und
hinderliche Sozialverfassung. 6a.) Mit der selektiven Aufnahme ausländischer Arbeitskräfte wird einerseits dem Migrationsdruck nachgegeben, andererseits eine Auswahl getroffen und Wanderungswillige in nützliche und unnütze Menschen unterteilt. Mit neuen Selektionsintrumenten versucht Europa, versucht das Kapital wirksame Instrumente zu entwerfen, mit denen sie die Steuerung und Kontrolle über die Migrationsbewegung wiederzugewinnen hoffen. Der Kampf gegen relativ autonome Migrationsformen wird verschärft, erwünschte Migration klar definiert. 6.b.) Schließlich laufen die aktiven Anwerbeversuche von Fachkräften in der Dritten Welt darauf hinaus, hiesige Defizite auf deren Kosten zu lösen. Allein schon der Versuch, die Fachkräfte anzulocken, aber die Massenarmut abzuwehren, läuft auf Brain Drain, auf die Ausbeutung des intellektuellen Potentials durch die Metropolen hinaus. Ausbildung wird nicht anders behandelt, als irgendein Rohstoff auch. 7.) Auch der Sinneswandel der Bundesregierung in Sachen Neonazis erklärt sich im Lichte von Globalisierung und wirtschaftlichen Erfordernissen. Nachdem Nazis ein Jahrzehnt lang ganz im Sinne der Regierung insbesondere Flüchtlingen das Leben zur Hölle machten, spielen sie im neuen Konzept keine Rolle mehr. 8.) Weder ist die Bundesregierung über Nacht antifaschistisch, noch migrationsfreundlich geworden. Vielmehr wird der alte völkische Nationalismus und Rassismus abgelöst durch einen modernen Leistungsrassismus. Nicht mehr nur Herkunft, Nationalität und Hautfarbe gelten als Zuwanderungskriterium, sondern Leistungsfähigkeit, Ausbildung, Lohnhöhe und Nützlichkeit. Wirtschaftliche Kriterien stehen vor nationalistischen Überlegungen. 9.) In Deutschland holt sich die Regierung die kritische Intelligenzia über die neuen Bündnisse gegen Rechts, die Grünen und teils auch über die Zuwanderungskommission herein. In England wird die gesamte kritische Flüchtlingsunterstützungsszene eingeladen zum Diskurs über neue Perspektiven in der Einwanderungspolitik. Nachdem das alte Migrationsregime teilweise versagt hat, wird nun die linke Intelligenzia eingeladen mit zu stricken am Entwurf des neuen Migrationsregimes. 10.) In verschiedenen Ländern Europas werden bereits die institutionellen Vorrausetzunge für eine neue Einwanderungspolitik geschaffen. In Deutschland wird bereits die Modernisierung sowohl des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, wie auch die Reform der deutschen Botschaften angedacht, bzw. vorbereitet. Kundenfreundliche, dienstleistungsorientierte Auslandszentren können die Visavergabe nach neuen, den wirtschaftlichen Vorgaben entsprechenden Kriterien durchführen. Die politische Selektion findet in Berlin, die amtliche Selektion in den Botschaften statt. Analog wird in England der Overseas Labour Service modernisiert und in Italien eine neue Behörde installiert, die Kommission zur Integration von Immigranten. 11.)
Jahrelang haben die europäischen Regierungen versucht,
Sozialausgaben und Löhne zu drücken, ebenso haben sie
jahrelang versucht, den trikontinentalen Ansturm auf die Festung Europa
aufzuhalten. Mit der neuen Migrationspolitik sieht es so aus, als
würden sie das eine gegen das andere einsetzen, der
Migrationsdruck wird umgedreht, soll Rentenprobleme und
Reproduktionsverweigerung ebenso beantworten, wie gegen Lohn- und
Preisniveau eingesetzt werden. Mit erhöhter Zuwanderung, so
rechnet die New York Times aus, lassen sich die Löhne in
bestimmten Sektoren um rund 5 % drücken. Von rechts formiert sich gegen Globalisierungskonsequenzen, gegen den Wettbewerb um Resourcen europaweit Widerstand. Rechte kämpfen gegen Migranten und Minderheiten um verlorene Positionen und Privilegien der nationalen Ökonomien. Von Links besteht die Perspektive nach wie vor darin, nicht um nationale Privilegien, sondern mit MigrantInnen gegen das globalisierte Unrecht zu kämpfen. III.
Thesen und offene Fragen für die Zukunft der antirassistischen und
Flüchtlingsbewegung 1.)
Es wäre falsch, sich angesichts der sich von Amsterdam über
Birmingham, Seattle und Prag ausweitenden Proteste gegen
Neoliberalismus und Globalisierung, sowie angesichts der
Vorschläge zur Versammlung der sozialen Stände, von den
entstehenden sozialen Bewegungen abzugrenzen oder abzukoppeln. 2.)
Oft mußten wir erleben, daß Flüchtlingsproteste
zusammenbrachen, weil es hieß, "ich kann nicht zum Treffen
kommen, muß arbeiten". Allzu oft haben wir erfahren, das Geld
verdienen, zum Überleben ebenso, wie für die Leute zu Hause,
Priorität hatte. Das, Arbeitsbedingungen, Löhne, Ausbeutung
etc haben wir allerdings selten, wenn überhaupt mal aufgegriffen
und zum Thema gemacht. Dabei sind doch viele MigrantInnen und
Flüchtlinge deshalb hier und es lastet auch eine Erwartungshaltung
auf ihnen, Geld zu verdienen und nach Hause zu schicken. Dort herrscht
sonst vielleicht Hunger, Medikamente oder Schulgelder können
womöglich nicht bezahlt werden. Migration ist nicht schlicht
politische Flucht, es ist häufig Teil von Überlebenstrategien
und Überlebensökonomie. Hinter dem oder der einzelnen
MigrantIn hier stehen nicht selten ganze Familien dort. 3.)
Jede neue Arbeitsmigration ist auch als Druck auf die einheimischen
Massen gedacht, als Angriff auf das metropolitane Lohnniveau.
Andererseits schaffen n der Arbeit Menschen verschiedener Herkunft und
mit unterschiedlichem Status Seite an Seite: Papierlose mit
Asylsuchenden oder MigrantInnen, mit Studies oder ungelernten
Deutschen. Wir wissen kaum, was da abgeht: 4.) Unter den Jugendlichen in den Vorstädten haben sich bereits multinationale Zusammenhänge gebildet, teils kämpfen sie noch gegeneinander im imaginäre Reviere, teils wissen sie aber bereits um ihre jeweilige Unterdrückung durch strukturellen und institutionellen Rassismus. Insbesondere die Polizei macht wenig Unterschied zwischen russisch-stämmigen, türkischen, libanesischen oder deutschen Jugendlichen aus derselben Sozialwohnungssiedlung. 5.) Welche Ansprüche stellen wir an einen Antirassismus, der an die Wurzeln geht. nach Jahrzehnten schwarzer Revolte in England wird der nunmehr verstaatlichte Antirassismus heute bereits als Standortvorteil gehandelt; die multi-ethnische Gesellschaft verkauft sich den supra-nationalen Konzernen als belegschaftsfreundliche Basis. Noch
tappen wir im Dunkeln, was sich in den neuen Bewegungen, in der Arbeit
oder den Vorstädten bildet, erst recht wie eine Intervention und
Bezugnahme aussehen könnte, aber es brennt uns unter den
Nägeln, dies zu diskutieren und Antworten zu entwerfen. *)
Die vorlegenden Gedanken sind aus der regional begrenzten Sicht und den
Erfahrungen des ARAB seit 1990 entstanden, - andere Gruppen haben ihre
eigene Sicht auf die Dinge. Weiterführende Diskussion siehe
allgemein: Materialien für einen neuen Antiimperialismus, 1988
ff.; Hefte der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration, Berlin; und
http://www.materialien.org
sowie http://www.antirassismus-buero.de |